Ich habe beim Sport gerne Gesellschaft. Im Grunde genommen habe ich überhaupt gerne Gesellschaft, und beim Sport motiviert es mich, wenn ich mich nicht ganz alleine irgendwo abstrample oder abschwitze. Leider scheine ich keine Begabung für die meisten klassischen Teamsportarten zu haben, insbesondere dann nicht, wenn Bälle involviert sind. (Was mich nicht davon abgehalten hat, diverse Ballsportarten auszuprobieren). Ich spiele semi-regelmäßig Netball, aber das war’s dann auch schon mit Teamsport. Trotzdem – auch beim Laufen und/oder im Gym bin ich nicht gern allein.
Sich Sportgeräte mit einer Gruppe Polizisten zu teilen, hat viele Vorteile (wahrscheinlich noch mehr, wenn man/frau auf sportliche Männer steht). Zum Beispiel blockieren sie keine Laufbänder, während sie im Schritttempo WhatsApp-Nachrichten checken. Außerdem brauche ich auch nicht neidisch zu sein, weil ich a) sowieso nie so sportlich sein werde wie diese Jungs, ganz egal, was ich tue und es b) auch gar nicht sein muss, weil mein Job es im Gegensatz zu ihrem nicht erfordert.
Und ich habe mich beim Sport selten so sicher gefühlt.
Allerdings – die Geschmäcker sind verschieden, so auch bei der Wahl der geeigneten „Ablenkung“ beim Sport. Ich persönlich höre gerne mit geräuschausblendenden Kopfhörern Musik, zu der andere Leute tanzen (House und Trance, nicht Wiener Walzer, um das hier klarzustellen, weil es offenbar auch Leute gibt, die Wagner und Schubert für geeignete Workout-Musik halten… wer’s mag…). Meine Mit-Sportler sind mir zwar teilweise in Sachen Musikgeschmack recht nahe, mögen dazu aber auch noch Videos – von schnellen Autos, starken Kerlen, coolen Stunts, Luxusyachten und, ja, leichtbekleideten Mädels.
Und weil sie alle wirklich nett und rücksichtsvoll sind, kommt regelmäßig die Frage: „Stört’s dich?“ (… wenn ich den Fernseher anmache / lauter mache / umschalte). Oder auch – allerdings meistens eher nur angedeutet: Stört dich der Inhalt? Von wegen leichtbekleidete Frauen und so. Irgendwie finde ich diese Frage ziemlich niedlich. Man(n) hat’s ja heute auch nicht leicht – siehst du dir Bikini Babes, die vor schnellen Autos posieren an, kommst du leicht in die Gefahr Anstoß bei Frauen zu erregen oder als unsensibler Macho, der nur mit gewissen Weichteilen denkt, rüberzukommen. Ich glaube, dass sich viele Frauen genauso gerne halbnackte Kerle ansehen (mit oder ohne Autos), ist manchen Männern nicht so richtig bewusst.
Mich stören die Damen im Video jedenfalls nicht. Zum einen sind sie alle ziemlich hübsch, und man soll mir nicht nachsagen, ich wüsste weibliche Schönheit nicht zu würdigen. Zum anderen haben sie sich offensichtlich aus freiem Willen dazu entschlossen, im Bikini durch Videos zu hopsen, und mir wirft ja schließlich auch niemand vor, dass ich in meiner Freizeit gerne in knappen Shorts und rückenfreien Sporttops durch die Landschaft renne.
Das ist allerdings ein weitverbreitetes Missverständnis über asexuelle Menschen. Um dieses klarzustellen – nein, wir haben kein grundsätzliches Problem mit nackter Haut. Oder wenn, dann hat es meiner Ansicht nach nicht sonderlich viel mit unserer sexuellen Orientierung zu tun. Vielen Menschen macht Nackheit oder Halbnackheit wenig oder gar nichts aus. Anderen ist sie sehr unangenehm. Beides ist legitim. Es ist genausowenig verwerflich, seine Mitmenschen nackt sehen zu wollen, wie sie nicht nackt sehen zu wollen, oder nur einige wenige nackt sehen zu wollen, finde ich.
Ich selbst bin gegenüber Nackheit und aufreizender Bade/Unterwäsche, egal bei welchem Geschlecht, relativ indifferent. Ich habe im Prinzip auch kein Problem damit, wenn andere Leute mich im Naturzustand sehen, solange sie ihre Gedanken dazu und insbesondere etwaiges sexuelles Interesse an meiner Person für sich behalten. Was nicht heißen soll, dass ich regelmäßig nackt oder im kessen Bikini unterwegs bin. Beides ist nachweislich nicht nur unpraktisch, sondern auch unbequem. Aber wie gesagt, manche meiner Sportklamotten sind schon ziemlich knapp.
Was uns zu einer weiteren Frage bringt, die mir gelegntlich gestellt wird: warum ziehst du dich so (aufreizend) an, wenn du mit niemandem Sex haben willst? (Diese Frage ist verwandt mit anderen wie „Warum schminken sich asexuelle Frauen?“ und „Warum will ein asexueller Mann auch ein Sixpack?“)
Zunächst einmal: ich trage die meisten meiner Klamotten, weil ich mich darin wohlfühle (und einige, weil es von mir erwartet wird). Meine kappen Laufshorts sind bequem, Punkt, aus. Luftige Tops mit wenig Träger und viel Rückenfreiheit sind es auch. Man sieht den Sport-BH? Gut. Er war teurer als die meisten meiner Hosen, und was glaubt ihr, warum die da so ein hübsches Muster draufdrucken? – Ein Pastor hat mich nach dem Gottesdienst mal darauf hingewiesen, dass es irgendwie unfair wäre, dass ich T-shirts mit Sprüchen trage, die genau über meine Brüste gedruckt sind, da müsse man(n) ja hinschauen. Woraufhin ich nur sagen konnte, dass ich ja nun auch nichts daran ändern kann, dass sie da sind, wo sie sind (die Brüste, meine ich). Das leuchtete ihm irgendwie ein. Aufreizend sind die Sprüche im Übrigen in der Regel nicht, und selbst wenn… von den Kleidern auf die Person darunter zu schließen, geht allzu oft in die Hose.
Sexuelle Orientierung schlägt sich nicht zwangsläufig im Kleidungsstil nieder. Nicht alle schwulen Männer sind modebewusst, nicht alle lesbischen Frauen stehen auf Holzfällerhemden, und asexuelle Menschen müssen nicht grundsätzlich rumlaufen, als wären sie gerade aus einer Klosterschule geflohen.
Gibt Kleidung irgendjemandem das Recht, irgendjemand anderen anzumachen? Nein. (Es sei denn, auf dem T-shirt steht „Mach mich an“, und vielleicht noch nicht einmal dann).
„Aber wenn du keine Aufmerksamkeit willst, warum ziehst du dich dann so an?“ (schminkst du dich/spielt es eine Rolle, ob du fit bist oder nicht) – Weil’s mir gefällt. Man kann auch mal Dinge nur für sich selbst tun, ohne Augenmerk auf die Außenwirkung.
Außerdem… wer hat je behauptet, dass asexuelle Menschen nicht bewundert werden möchten?
Für ihren Modegeschmack.
Für ihre sportliche Figur.
Für die schicken High Heels.
Für den perfekten Lidstrich.
Für ihren ganz eigenen Stil.
Für …
Jupp.
Problematisch wird’s auch, wenn manche Menschen glauben, dass sie irgendwie ein Recht darauf hätten, nackte Haut zu sehen, nur weil sie gerne welche angucken. Vor einiger Zeit sah ich ein Interview mit einer Dame, die im Burkini schwimmen geht, und als Reaktion wurde ein Leserbrief von einem Herrn zitiert: „Wir wollen Brüste sehen.“ Der hatte die Höflichkeit der Polizisten oben noch nicht verinnerlicht.
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